Die Sammlung von Leserbriefen wird Ihnen einen interessanten Einblick in die Kontroverse bieten. Sie wurden alle in der Schwäbischen Zeitung (SZ) veröffentlicht, aus Datenschutzrechtlichen Gründen habe ich die Namen der Leserbriefschreiber entfernt.

 

 

Samstag, 11. Juli 2009 / SZ Nr. 157
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
„Grenzen sind weit überschritten worden“
In der Museumsnacht hat Herr Jürgen Frankenhauser-Erlitz Bilder zum Thema Blutritt in der Volkshochschule ausgestellt. Eines dieser Bilder war in der SZ vom 7. Juli abgebildet, wohl das harmloseste von allen, denn im Text blieb es unerwähnt und es wurden dann die anderen Bilder ausführlich beschrieben. Im gleichen Artikel wurde auch eine neue Folge des Filmes „der Blutritter“ angekündigt mit dem Schwerpunkt auf „Homosexualität und Blutritt“. Es ist für mich psychologisch höchst interessant, warum jemand gerade auf der Schiene der Sexualität sein Anliegen darstellen und zum Ausdruck bringen muss.
Sind derartige Darstellungen und solche Themen der große Fortschritt, mit dem Weingarten endlich ins 21.Jahrhundert eingetreten ist, wie es in einem Leserbrief einmal zu lesen war?
Für mich sind diese gemalten Kollagen und dieser Filmstreifen weder große noch moderne Kunst, aber beides hat mich und –wie ich höre- viele andere sehr betroffen gemacht und verletzt. Die Grenzen der Geschmacklosigkeit sind hier weit überschritten und ich hoffe, dass viele das auch zum Ausdruck bringen werden.
N.N.

 

Samstag, 11. Juli 2009 / SZ Nr. 157
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
„Künstlerische Freiheit sollte Grenzen haben“
Auch ich gehöre zu denen, die dieses Bild „Bildersturm“ von Jürgen Frankenhauser-Erlitz als provokant und geschmacklos empfinden. Wir wissen alle, dass es eine künstlerische Freiheit gibt, und das ist auch gut so. Wenn man aber diese Freiheit missversteht und grenzenlos auslegt, dann entstehen zwangsläufig auch solche Bilder, die wie ich finde, gefühlsverletzend wirken. So bedauere ich es deshalb sehr, dass dieser religiöse Brauchtum, der weit über unsere Grenzen hinaus geschätzt wird und jährlich viele Gläubige zum „Blutfreitag“ nach Weingarten lockt, künstlerisch in unseren Kreisen so achtlos behandelt und bildlich dargestellt wird. Wir würden es bestimmt alle sehr schätzen, wenn wenigstens die Religion durch ein Tabu von Verunglimpfungen verschont bliebe. Es gibt schließlich noch genügend andere Themen, um sich künstlerisch auszudrücken und dadurch Aufmerksamkeit zu erwecken. Ich bin sicher, dass bei etwas gutem Willen, ein Umdenken möglich ist, denn weniger Provokation ist in diesem Fall ein mehr an Respekt.
N.N.

 

Mittwoch, 15. Juli 2009 / SZ Nr. 160
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
Oberbürgermeister Markus Ewald findet die obszönen Bilder von Jürgen Frankenhauser-Erlitz so interessant, dass er eine zweite Ausstellung in Betracht zieht. Diese Bilder sprechen für sich und benötigen nicht auch noch eine Erklärung. Sie sind entwürdigend für Christen, Frauen und Heilig-Blut-Reiter! Was muss sich ein christlicher Bürger unseres Staates noch alles an Unverschämtheiten und Bösartigkeiten bieten lassen? Es ist sehr traurig, dass ein Künstler in unserer dekadenten Zeit sich nur mit widerwärtigen und beleidigenden Werken bekanntmachen und positionieren will. Hat er sich schon überlegt wie seine Porno-Werke auf Kinder, Jugendliche und Andersgläubige wirken`?
N.N.

 

Donnerstag, 16. Juli 2009 / SZ Nr. 161
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
Gemälde verhöhnt Weingartener Blutritt
Nachdem heute die erwarteten Stellungnahmen aus Weingarten zu den besagten Gemälden erschienen sind, erlaube ich mir, als Ravensburger dazu Stellung zu nehmen. Ich betrachte die Gemälde als Verhöhnung Weingartens und des Blutrittes, die so nicht hingenommen werden kann. Die dilettantische Malerei wird dokumentiert durch den Farbeimer in der einen Hand und einem Bündel Pinsel in der anderen. Der erschrockene Gesichtsausdruck des Malers weist wohl darauf hin, dass der gute Geist in Gestalt einer Putte hinter seinem Rücken im Abflug ist. Ein kleines Teufelchen verbindet den Maler im Blutreitergewand mit dem Gekreuzigten. Die alles überragende klobige Figur kann man an den drei schwarzen Punkten auf dem Ärmel als blinden Blutritter deuten, der blindlings den Kelch mit dem Blut in das Reliquiar gießt. Für mich ist das Gemälde eine große Provokation. Es sollte in die „bad art“ ausgelagert werden. Oder erwartet der Maler den gleichen finanziellen Erfolg wie Wolfspergers Film „Die Blutritter“? Auch das ist derzeit möglich, vielleicht auch einkalkuliert.
N.N.

 

Donnerstag, 23. Juli 2009 / SZ Nr. 167
Leserbrief zu den Berichten über die „Blutreiter-Gemälde“ von Herrn Frankenhauser-Erlitz
„Wo bleibt der offene Widerspruch?“
Wenn sich hierzulande Muslime oder Juden in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen, ist sofort die ganze Republik betroffen und die halbe Welt in Aufruhr. Wenn aber dasselbe „nur“ mit Christen passiert, dazu noch unter dem Deckmantel künstlerischer Freiheit, dann wird solches nicht nur toleriert, sondern wohlgefällig und medienwirksam hochgejubelt. So auch die obszönen Machwerke eines Mannes, welchen offensichtlich irgendwelche unverarbeiteten Probleme mit der Tradition des Weingartner Blutfreitags plagen. Sehr viele – nicht nur gläubige Christen – haben sich über diese Provokation geärgert.
Weitaus ärgerlicher ist für mich jedoch die Tatsache dass sich 3000 Blutreiter diese Verhöhnung widerspruchslos gefallen lassen. Wo bleiben deren Proteste und die Proteste der verantwortlichen Blutreitergruppen? Wo bleibt der offene Widerspruch der vielen katholischen Priester, die ebenfalls Jahr für Jahr mitreiten? Wo gibt es eine Reaktion der hochrangigen Ehrengäste aus Kirche und Politik? Wo bleibt die Empörung der vielen Tausend gläubigen Pilger? Bis auf ein paar wenige mutige Leserbriefe nichts als betretenes Schweigen! Frage: Wie lange wollen sich Christen derartige Verunglimpfungen noch gefallen lassen?
N.N.

 

Montag, 20. Juli 2009 / SZ 164
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
„Geschmacklosigkeit überschreitet Grenze“
Wie viele Menschen in unserer Region sind wir über die geschmacklosen Bilder des Herrn Frankenhauser-Erlitz empört und fragen uns, welche Beweggründe der Maler wohl hatte, als er diese Kunstwerke schuf. Will er provozieren, um sich dadurch eine größere Popularität zu verschaffen, oder geht es ihm einfach darum, Menschen zu verletzen? Wenn nach Meinungen des Malers die einzige Grenze in der Kunst die Geschmacklosigkeit ist, dann hat er nach unserer Meinung diese Grenze deutlich überschritten. „Ich bin es gewohnt, beschimpft zu werden“, sagt der Maler. Er sollte sich fragen, warum. Wer sich verletzt fühlt, wehrt sich gelegentlich.
N.N.

 

Samstag, 1 August 2009 / SZ 175
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
„Kunstwerke sind immer subjektiv“
Bei der Berichterstattung über den Künstler, der den Blutritt mit außergewöhnlichen Mitteln etwas kritisch unter die Lupe nahm, ist es schwierig, subjektive Eindrücke und religiöse Gefühle überhautpt darzustellen. Ich habe jedenfalls nicht verstanden, wo Religion anfängt beziehungsweise aufhört und Tradition mit religiösen Gefühlen im Einklang steht.
Ich habe verstanden, dass der Blutritt ein schönes Fest für Weingarten ist, jedoch bis jetzt nicht den Glauben nachvollziehen können. Ich habe verstanden, dass da irgendwer die Idee hatte, einer Reliquie eine Bedeutung zu geben, die mit dem Christentum etwas zu tun haben soll. Insofern stärkt es meinen Glauben nicht, wenn sich jemand in seinen persönlichen Gefühlen verletzt fühlt, weil ein Künstler diesen Bereich eben nicht ausklammert. Der Künstler hat nicht an der Substanz des Blutritts gerüttelt.
Warum sind es oft die Glaubenden, die sich so schnell verunsichern lassen. Meinen Glauben kann der Blutritt ebenso wenig erschüttern wie die Bilder eines Künstlers. Den Blutritt brauche ich nicht für meine Religiosität. Die Bilder eines Malers und Werke anderer Künstler sind immer subjektiv, auch wenn sie angeblich biblische Themen oder religiöse Figuren darstellen und in Kirchen aufgehängt oder aufgestellt sind.
N.N.

 

Samstag, 1 August 2009 / SZ 175
Leserbrief zum Artikel „Blutreiter-Gemälde entfachen Kontroverse“ (SZ vom 7. Juli):
„Das ist die Freiheit des Betrachters“
Die Bilder von Jürgen Frankenhauser-Erlitz sollen den Leuten die Augen öffnen. Schön, dass es dem Künstler gelungen ist, den Blutritt und einiges Drumherum auf eine andere Weise zu zeigen. Er hat seinen Einblick hinter die Fassade gemalt und gezeigt, denn die Heile-Welt-Bilder kennen wir schon. Prima, dass sich Frankenhauser-Erlitz traut, auch die vielleicht etwas unangenehmen Seiten dieser Veranstaltung zu zeigen, wie z. B das Ruhigspritzen der Pferde.
Sicherlich muss man zum Betrachten der Bilder auch etwas Humor mitbringen und sich selbst vielleicht ein bisschen weniger wichtig nehmen. Es wird viel über die künstlerische Freiheit gesprochen und dass diese Freiheit Grenzen hat, welche überschritten wurden. Wer legt denn die Grenzen fest? Wer kontrolliert? Wer darf zensieren? Wir haben doch aus unserer Vergangenheit gelernt wie wichtig Meinungsfreiheit ist. Wer sich durch die Bilder von Jürgen Frankenhauser-Erlitz beleidigt und verletzt fühlt, braucht sie ja nicht anzusehen. Dies ist die Freiheit des Betrachters.
N.N.

 

Montag, 3. August 2009 / SZ Nr. 176
Leserbrief zu „Wo bleibt der offene Widerspruch?“ (Leserbrief in der SZ vom 23. Juli) und der Debatte um die Weingartener Blutreitergemälde:
„Ein Wegducken schadet nur uns allen“
Mit dem Leserbrief von Werner Walter vom 23. Juli kann ich mich ganz identifizieren, obwohl ich nicht in allem mit ihm übereinstimme. Ich frage mich auch, wo bleibt die Zivilcourage, der Standpunkt und unsere Meinung? Bei aller Toleranzliberalität und Wohlwollen anderer Meinungen gegenüber müssen wir Katholiken und Protestanten zu unseren Traditionen und Prinzipien stehen. Die Andersdenkenden erwarten von uns eine klare Aussage. Ein Wegducken oder gar Wegschauen schadet nur uns allen. Bei Kinderpornografie, bei Kindesmisshandlungen sollten wir hinschauen und den Mut zum Einschreiten und zur Anzeige aufbringen! Auch in der Politik ist eine klare mutige Aussage und das tatkräftige Handeln der regierenden Politiker viel hilfreicher als ein Standpunkt „Jedem Recht und niemand weh und immer mit dem Wind gehen“. In diesem Sinne mit Optimismus und Tatkraft ans Werk für unser schönes Deutschland.
N.N.

 

Mittwoch, 19. August 2009 / SZ Nr. 190
Leserbrief zur Diskussion über die Blutritt-Bilder:
Bewertungsmaßstab ist verbogen
Die Auslassungen des Malers der Blutritt-Bilder lassen ein ziemlich diffuses Charakterbild erkennen. Wenn man sich mit einem verbogenen Bewertungsmaßstab an dieses Thema wagt, dann kann eigentlich zwangsläufig nur eine Fehlinterpretation des Geschehens um den Blutritt die Folge sein. Sollten in der Prozession Leute mitreiten, die aus der Kirche ausgetreten sind, dann ist dies deren ureigene Privatangelegenheit, und ob jemand aus seiner persönlichen Befindlichkeit heraus Zweifel an der Religion hegt, kann nicht Gegenstand einer öffentlichen Erörterung sein. Eine offizielle Gewissenserforschung vor Beginn des Blutritts findet nicht statt. Die medikamentöse Beruhigung einiger Pferde ist im Sinne der Unfallverhütung sowohl für Reiter als auch Pilger gewiss kein Nachteil, und eine gedankliche Verbindung von Homosexualität und Blutritt erschließt sich wohl nicht jedermann. Der Blutritt in Weingarten, von alters her eine reine Männerprozession, ist nicht darauf abgestellt, als Gegenstück zu vielen Frauenwallfahrten zu dienen. Zweifel an der mentalen Integrität des Malers drängen sich auf, wenn er einen Zusammenhang konstruiert zwischen „schuftenden“ Frauen und einem Querverweis auf die Bibel. In diesem Ansinnen manifestiert sich sein erstaunlich dürftiges Religionsverständnis und Frauenbild. Vielleicht sollte der Interviewte mal in unaufgeregtem Zustand die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass es unzählige weibliche Angehörige der Reiter gibt, denen die Festvorbereitungen keine Bürde sind, sondern sie als Dienst zur Wahrung einer christlichen Tradition auffassen. Wahre Künstler glänzen mit Wissen und Kunst; billige Effekthascherei sowie Anbiederung an den Zeitgeist ist ihnen fremd.
N.N.

 

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